Doris Egger, CEO von HotelFinance.ch spricht mit den Experten Michael Böhler, SUM Hospitality und Thomas Häring, Direktor Golf- und Sporthotel Hof Maran über „den Blick hinter die Zahlen“.
Lieber Michael, lieber Thomas, vielen Dank, dass ihr euch die Zeit für dieses Gespräch genommen habt. Lasst uns direkt in das Thema einsteigen: KPIs in der Hotellerie.
Doris Egger: Ihr führt beide eure Hotels nach KPIs. Kennzahlen sind ein wichtiger Bestandteil des Betriebsmanagements. Aber warum sind sie besonders für kleine und individuelle Betriebe von Bedeutung?
Thomas Häring: Kleinere und Individualbetriebe sehen sich häufig nicht im selben Gefüge, wie Hotelketten, die schon seit jeher mit KPIs arbeiten. „Das ist etwas für Hotelketten – nicht für mich!“ – hören wir oft im Umfeld unter den Hoteliers und Hotelièren. Es ist aber wichtig, zu verstehen, dass auch kleinere Betriebe enorm von einer systematischen Messung und Analyse ihrer Leistung profitieren. KPIs ermöglichen es uns, unsere Ziele zu definieren, den Fortschritt auf dem Weg dorthin zu überwachen und wenn nötig Massnahmen abzuleiten. Sie bieten eine klare Orientierung und helfen dabei, unsere Ressourcen effizient einzusetzen.
Michael Böhler: Genau. KPIs sind nicht nur eine Sache für Berater und Großunternehmen. Sie sind für jedes Hotel von Bedeutung, unabhängig von seiner Größe. Es geht darum, diejenigen Kennzahlen zu identifizieren, die für den Betrieb relevant sind, und diese gezielt zu messen und zu analysieren. Das kann dabei helfen, die Leistung zu verbessern und den Erfolg langfristig zu sichern.
Konkret:
- KPIs zu den Personalkosten, Anzahl Mitarbeitern und auch der Fluktuation helfen dabei, die Leistung und Effizienz ihrer Personalressourcen zu bewerten und sicherzustellen, dass die Personalkosten im Einklang mit den Umsatzzielen und der Servicequalität des Hotels aber auch der Work-Life-Balance des Mitarbeiters stehen.
- KPIs mit Grundlage des GOPs beziehungsweise detaillierter des Warenaufwandes ermöglichen es, Trends zu identifizieren und potenzielle Probleme oder Verbesserungsmöglichkeiten frühzeitig zu erkennen. Eine kontinuierliche Verbesserung dieses Verhältnisses kann die Rentabilität und Wettbewerbsfähigkeit des Betriebes verbessern. Insbesondere ist in der Restauration das Verhältnis der Warenkosten zum Umsatz ein wichtiger KPI, der dabei hilft, die Kostenstruktur zu analysieren, Rentabilitätspotenziale indem die Preisstruktur sowie den Wareneinkauf beleuchtet wird.
- KPI zur Kundenzufriedenheit: Obwohl nicht direkt finanziell, hat die Kundenzufriedenheit einen erheblichen Einfluss auf den Erfolg des Betriebes, indem die Kundenbindung und Wiederholungskäufe gefördert werden. Fragen Sie Ihren Marketingspezialisten und Ihren PMS-Anbieter, welche KPIs sinnvoll und einfach ausgewertet werden können.
Doris Egger: Das leuchte ein. KPIs sind also nicht nur Buzzword, sondern ein wirkungsvolles Instrument, um den Erfolg eines Hotels zu steuern. Aber seien wir ehrlich. KPIs klingt doch schon nach komplexer Thematik? Könnt ihr die KPIs einmal ganz einfach erklären?
Michael Böhler: Für mich sind es querbeet alle messbaren Indikatoren die sinnvoll für den jeweiligen Betrieb vergleichbar gemacht werden können. In der Hotellerie gibt es eine Vielzahl solcher KPIs. Die Gängigsten sind aber die Umsatz(Revenue)-bezogenen Indikatoren, wie die durchschnittliche Tagesrate (ADR), die Auslastung und der Umsatz pro verfügbarem Zimmer (RevPAR). Hier arbeiten wir allerdings nur „topline“.
Doris Egger: Was heisst „topline“?
Michael Böhler: Wie gesagt, wir vergleichen nur die Umsätze miteinander. Diese Daten erhalten wir easy aus dem Property Management System. Allerdings ohne den Aufwand mit einzubeziehen. Interessant wird es erst dann, wenn wir den Erfolg – also Ertrag abzüglich Aufwand – messen können! Dazu benötigen wir eine möglichst automatisierte Finanzbuchhaltung, aus der wir die Daten beziehen können.
Thomas Häring: Da bin ich gleicher Meinung. Es geht darum, die KPIs so zu definieren, dass wir nicht nur den Umsatz miteinander vergleichen – sondern auch die Finanzbuchhaltung, die Mitarbeiterzahlen aus der Lohnbuchhaltung sowie alle Managementzahlen aus den PMS einbeziehen um dann zu identifizieren, welche KPIs für unseren Betrieb am relevantesten sind.
Doris Egger: Das klingt nach einer umfassenden Herangehensweise. Aber wie kommen kleine Betriebe überhaupt an diese Datengrundlagen und an Vergleichszahlen (Benchmark)?
Thomas Häring: Es gibt verschiedene Möglichkeiten, an die notwendigen Daten zu gelangen. Zum einen können wir auf interne Datenquellen wie die Finanz- und Lohnbuchhaltung sowie auf das Property Management System (Protel, Mews, Apaleo, Fidelio…) zugreifen. Zum anderen können wir aber auch externe Datenquellen nutzen, zum Beispiel Benchmarking-Portale, um unsere Leistung mit der unserer Wettbewerber zu vergleichen. Wichtig ist, dass die Datenquellen nicht manuell bewirtschaftet werden, da die zeitliche Verzögerung die Aussagekraft der KPIs schwinden lässt.
Michael Böhler: Ja, du sagst es Thomas. Die Aufbereitung erfordert eine gewisse Infrastruktur. Ein schönes Cockpit-Tool ohne vorgelagerte, automatische Datenaufbereitung bringt keinen Nutzen. Mit Hilfe von HotelFinance.ch oder ähnlichen Systemen ist dies Aufbereitung aber durchaus machbar, auch für kleinere Betriebe. Dann macht ein Cockpit-Tool Sinn.
Doris Egger: Es ist offenbar herausfordernd, überhaupt die richtigen Indikatoren für den Betrieb zu eruieren. Könnt ihr den Hoteliers und Hotelièren KPIs mitgeben, die für euch wichtig? Bestenfalls mit Vergleichszahlen und inklusive Berechnung und Erläuterungen?
Thomas und Michael: Das wird spannend – beide lachen.
Thomas: Vielleicht zuerst noch eine Erläuterung. Der GOP ist eine wichtige Grundlage für die KPIs. Der GOP (Brutto Betriebsergebnis) umfasst in der Hotellerie den Umsatz abzüglich alle direkten Aufwände (Warenaufwand, Personalaufwand, direkter Betriebsaufwand) sowie auch den allgemeinen Betriebsaufwand, wie Unterhalt, Energie, Verwaltung).
Also let’s go!
Restauration:
- Warenkosten im Verhältnis zum Umsatz (25-30%): Dieser KPI misst den Prozentsatz des Umsatzes, der für den Einkauf von Waren und Dienstleistungen ausgegeben wird. Ein niedrigerer Warenkostenanteil deutet auf eine effiziente Beschaffung und Kostenkontrolle hin.
- Küchenrendite (70%), Kellerrendite (75%): Misst das Verhältnis zwischen dem Umsatz Restauration (kann auch pro Outlet erfolgen) und den Warenkosten. Eine hohe Warenrendite deutet darauf hin, dass die Kalkulationen passen und der Wareneinkauf straff geführt ist.
- Personalkostenanteil Restauration (50%): Dieser KPI ermöglicht eine detaillierte Analyse der Personalkosten (Küche, Service, Office) um mögliche Einsparpotenziale oder Effizienzsteigerungen zu identifizieren. Heruntergebrochen, können Küche und Service in den KPIs Küchen-, Kellerrendite noch ergänzt werden, um eine detailliertere Sicht über den Personaleinsatz in der Küche und im Service zu erlangen.
- Restaurationsrendite II (20%): Misst den GOP in % des Umsatzes des Outlets.
Melde dich jetzt für unseren Newsletter an
Dich interessiert, was du hier liest? Bleibe immer auf dem neusten Stand rund um Automatisierung & Standardisierung im Hotel Finanzalltag
Beherbergung:
- GOPPAR – Gross Operating Profit Per Available Room (***+**** 65-70%) : GOPPAR ist ein finanzieller KPI, der den Bruttobetriebsgewinn (GOP) pro verfügbarem Zimmer misst. Er bietet einen umfassenden Überblick darüber, wie effizient das Hotel seinen Betrieb im Hinblick auf die Erzielung von Gewinn aus jedem verfügbaren Zimmer führt. GOPPAR wird berechnet, indem man GOP durch die Anzahl der verfügbaren Zimmer teilt.
- Personalkostenanteil Beherbergung: Dieser KPI ermöglicht eine detaillierte Analyse der Personalkosten in der Beherbergungssparte (Reception, Housekeeping), um mögliche Einsparpotenziale oder Effizienzsteigerungen zu identifizieren.
- Personalkosten (Housekeeping und Reception) pro verfügbare Zimmer: Berechnet die Personalkosten pro verfügbarem Zimmer und hilft dabei, die Effizienz der Arbeitskräfte im Verhältnis zur Auslastung des Hotels zu bewerten.
- Deckungsbeitrag Beherbergung: Kann als absolute Zahl (GOP) oder auch Deckungsbeitragsmarge (GOP in %) als KPI definiert werden. Je höher der GOP/Deckungsbeitrag, desto rentabler ist die Sparte Beherbergung.
- Zimmerauslastung auf Öffnungstage (***+**** 60-75%): Die Zimmerauslastung gibt an, welcher Anteil der verfügbaren Zimmer tatsächlich verkauft wurde. Ein höherer Prozentsatz deutet auf eine höhere Nachfrage und eine effizientere Nutzung der Ressourcen hin. Eine hohe Zimmerauslastung zeigt, dass das Hotel die Nachfrage gut bedient und eine effektive Preisstrategie hat, um die Zimmer vollständig zu verkaufen. Eine niedrige Zimmerauslastung kann darauf hinweisen, dass das Hotel Schwierigkeiten hat, genügend Gäste anzuziehen, oder dass die Preise möglicherweise zu hoch sind. Berechnung: Zimmernächte durch verfügbare Zimmer x Öffnungstage
- ADR steht für „Average Daily Rate: Es handelt sich um den durchschnittlichen Tagesumsatz pro verfügbarem Zimmer. Die ADR wird verwendet, um die Preisstrategie eines Hotels zu überwachen und zu optimieren. Berechnung: Gesamtumsatz Beherbergung durch Anzahl verkaufte Zimmer.
- Captage (Anteil verkaufter Frühstücke im Vergleich zu Hotelgästen) – vor allem City Hotellerie, die das Frühstück nicht im Logement inkludieren: Misst den Prozentsatz der Hotelgäste, die Frühstück im Hotel kaufen, im Vergleich zur Gesamtzahl der Gäste im Haus. Für Hotels, die Frühstück nicht im Zimmerpreis inbegriffen anbieten, ist es wichtig, dass dieser Wert mindestens 50% erreicht, um den damit verbundenen Aufwand zu rechtfertigen. Idealerweise sollte dieser Wert gesteigert werden, um die Rentabilität des Frühstücksangebots zu maximieren. Der Anteil verkaufter Frühstücke kann berechnet werden, indem man die Anzahl der verkauften Frühstücke durch die Anzahl der Gäste im Hotel teilt und das Ergebnis mit 100 multipliziert, um es als Prozentsatz auszudrücken.
Gesamtbetrieb
- Deckungsbeitrag oder Brutto-Betriebsergebnis (25-30%) : Kann als absolute Zahl (GOP) oder auch Deckungsbeitragsmarge (GOP in %) als KPI definiert werden. Je höher der GOP/Deckungsbeitrag, desto rentabler ist der Betrieb.
- Personalkostenanteil am Umsatz gesamt (35-45%): Dieser KPI misst den Prozentsatz des Umsatzes, der für die Personalkosten ausgegeben wird (inkl. Direktion, Verwaltung, Unterhalt, Marketing). Reisst der Wert aus, gilt es, in den einzelnen Sparten detailliert nach Erklärungen zu suchen und Massnahmen abzuleiten.
- Drop Through (Reactivity) -> für detailliertere Indikatoren pro Sparte (50%): Der Drop Through (oder Reactivity) misst die Veränderung beim Umsatz, GOI (Gross Operating Income) und/oder GOP (Gross Operating Profit) im Vergleich zum Vormonat oder Vorjahr. Dieser KPI zeigt auf, wie effektiv das Hotel Umsatzsteigerungen in tatsächlichen operativen Gewinn umwandeln kann, insbesondere bei Ratensteigerungen ohne Belegungszuwachs. Zudem gibt er Aufschluss darüber, wie effizient Kosten im Falle eines Umsatzrückgangs eingespart werden konnten. Der Prozentsatz des Drop Through wird berechnet, indem man die Veränderung des GOI/GOP durch die Veränderung des Umsatzes im Vergleichszeitraum (Monat/Jahr zum Vormonat/Vorjahr) teilt. Dieser Wert wird dann mit 100 multipliziert, um ihn als Prozentsatz darzustellen. Ein hoher Prozentsatz deutet darauf hin, dass das Hotel effizient Umsatzsteigerungen in operativen Gewinn umsetzen konnte oder im Falle eines Umsatzrückgangs effektiv Kosten reduziert hat.
- Cash Flow: Es gibt verschiedene KPIs im Zusammenhang mit dem Cashflow. Der zwei wichtigsten Indikatoren sind: 1. Wie viel Cash bleibt übrigen, wenn die laufenden Betriebskosten gedeckt sind, um Investitionen tätigen oder Schulden zurückzahlen zu können (kann grob am GOP abgelesen werden) und 2. Das Nettoumlaufvermögen der Bilanz (kurzfristiges Umlaufvermögen abzüglich kurzfristige Verbindlichkeiten) muss mindestens positiv sein, damit genügend Geldmittel vorhanden sind, um die Verbindlichkeiten zu begleichen.
Doris Egger: Vielen Dank für diese wertvollen Informationen. Abschließend; was würdet ihr kleinen und individuellen Betrieben raten, die in Zukunft nach KPIs führen möchten?
Thomas Häring: Mein Rat wäre, sich zunächst einen Überblick über die vorhandenen Datenquellen zu verschaffen und die notwendigen Daten systematisch zu erfassen und zu analysieren. Es ist wichtig, die richtigen KPIs zu identifizieren, die für den eigenen Betrieb relevant sind, und diese regelmäßig zu überwachen und bei Bedarf anzupassen.
Michael Böhler: Und nicht zu vergessen: Schulung ist wichtig. Es ist wichtig, dass alle Mitarbeiter verstehen, warum KPIs wichtig sind und wie sie dazu beitragen können, den Erfolg des Unternehmens zu steigern. Das erfordert eine gewisse Schulung und Sensibilisierung, aber es lohnt sich auf jeden Fall.
Doris Egger: Vielen Dank, Michael und Thomas, für diese wertvollen Einblicke in das Thema KPIs in der Hotellerie. Es war ein sehr interessantes Gespräch.
Hast du Fragen zu KPI’s?
Bist du unsicher, wie du die Grundlagendaten aufbereiten kannst?
Findest du dich (noch) nicht ganz so zurecht im „Zahlendschungel“?
Möchtest du eine unabhängige Beurteilung deiner Indikatoren?
HotelFinance.ch steht dir mit Rat und Tat zur Seite. Melde dich einfach bei uns.
Coming soon: Hotel-Cockpit/Copilot by HotelFinance.ch
Bereite die Finanzdaten mit HotelFinance.ch und den Schnittstellen zu Mews und Protel sowie Mirus HR und deinen Banken automatisiert auf und gewinne daraus deine aktuellen KPIs.